Berlin – Prag via Cottbus und Görlitz? Bahnnetzausbau in der gesamten Lausitz wichtig

Der VCD hat gemeinsam mit der Grünen Liga die Wiederbelebung der Eisenbahnverbindung Berlin – Prag via Cottbus angeregt. Konkret heißt es in dem Papier: „Im „Zielfahrplan Deutschlandtakt, dritter Gutachterentwurf“ ist eine Fernverbindung … dargestellt, die eine Verbindung von Szczecin über Berlin nach Cottbus definiert. Durch die Verlängerung dieser Fernverbindung über Liberec nach Prag wäre die kürzeste Eisenbahnverbindung der tschechischen Hauptstadt mit der Ostsee realisierbar.“

Aktuell ist diese Strecke auf deutscher Seite nur im Abschnitt Berlin – Cottbus elektrifiziert und nur zwischen Berlin und Lübbenau 2-gleisig ausgebaut. Der 2-gleisige Ausbau Lübbenau – Cottbus soll in den nächsten fünf Jahren erfolgen. Der Ausbau der anschließenden Strecke Cottbus – Görlitz ist im Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen eine der zentralen Infrastrukturmaßnahmen bei Schienenausbau. In der Diskussion steht hier die Elektrifizierung ein 2-gleisiger Ausbau für 160 oder 200 km/h Höchstgeschwindigkeit.

PRO BAHN Lausitz hat sich wiederholt für die schneller und kostengünstiger zu realisierende Variante mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgesprochen. Die Konzentration nahezu aller Mittel des Strukturstärkungsgesetzes auf eine einzige Bahnverbindung halten wir vor dem Hintergrund der dringenden erforderlichen Investitionen in das gesamte Lausitzer Schienennetz für falsch.

Aktuell sehen wir die Priorität für Investitionen in das Lausitzer Schienennetz an folgenden Stellen:

  • Cottbus braucht die Beschleunigung nach Leipzig, damit dort der Anschluss an den Fernverkehr nach Süddeutschland und die Rhein-Main-Region endlich funktioniert
  • Cottbus braucht schnelle Züge nach Dresden, dort ist man mit dem Zug deutlich länger unterwegs als auf der Autobahn
  • Cottbus braucht viele schnelle Züge nach Berlin, die werden mit dem neuen Fahrplan Ende 2022 (Netz Elbe-Spree) jedoch um ca. 10 Minuten langsamer, die zusätzlichen Züge zum Halbstundentakt kommen noch nicht, weil das zweite Gleis zwischen Lübbenau und Cottbus noch fünf weitere Jahre fehlt.

Aktuell wird zwischen Berlin – Prag – Wien der Korridor Berlin – Dresden für eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 200 km/h ausgebaut, einschließlich dem Wiederaufbau der Dresdener Bahn in Berlin. Zwischen Heidenau und Usti nad Labem soll eine 23 km lange Neubaustrecke errichtet werden, die das Osterzgebirge in einem 25 km langen Tunnel unterquert (neubaustrecke-dresden-prag.de). Damit soll die Verbindung zwischen Dresden und Prag aus dem überlasteten Elbtal genommen werden. Für Berlin – Prag wird eine Fahrzeit von ca. 3 Stunden angestrebt. Vor diesem Hintergrund dürfte die Variante Berlin -Prag via Cottbus und Görlitz langfristig die deutlich langsamere Strecke sein, als Fernverbindung Berlin – Prag eher keine Alternative.

Auch der Ausbau der Bahnstrecke Cottbus – Görlitz ist für die Lausitz von großer Bedeutung, vor allem vor dem Hintergrund eines internationalen Maßstabes. Via Horka bzw. Görlitz besteht Zugang zum schnellen polnischen Eisenbahnnetz, von Zittau gelangt man nach Liberec oder Česká Lípa. Wenn die Elektrifizierung von Cottbus nach Görlitz kommt, dann muss man sie bis Zittau verlängern und von dort in Richtung Tschechien weiterdenken. Interessant kann die Weiterführung der im Deutschlandtakt geplanten Fernzugverbindung Stettin – Berlin – Cottbus via Görlitz, Zittau und Liberec bis Prag unter dem Aspekt der Erschließung von Teilen der Niederlausitz, Oberlausitz und Niederschlesiens sowie der Region zwischen Isergebirge und Jeschkengebirge in Tschechien durchaus sein. Die angedachte IC-Linie Stettin – Berlin – Cottbus bietet sich genauso für eine Verlängerung ab Horka nach Polen in Richtung Breslau und Krakau an. Ob die Lösung in einer Verlängerung einzelner Züge nach Polen und Tschechien liegt, eine alternierende Weiterführung zu den Zielen in Polen und Tschechien sinnvoll ist, eine Flügelzugvariante in Frage kommt oder die Ausrichtung nur auf eine Achse entweder nach Polen oder Tschechien, wäre zu untersuchen.

Betrachtet man den realistischen Umsetzungszeitraum, dürfte bis zur Fertigstellung einer Fernverkehrstrasse Berlin – Cottbus – Görlitz – Zittau – Liberec – Prag auch der Tunnel Dresden-Usti nad Labem fertig gestellt sein. Ob dann wirklich ein Zug über Cottbus und Zittau nach Prag eine Chance hat, muss genau untersucht werden. Cottbus-Dresden via Ruhland in einer Stunde mit Anschluss an einer ICE/IC/EC/Railjet Dresden-Prag mit einer guten Stunde Fahrzeit, das wäre aus Sicht von PRO BAHN die überzeugendere Lösung.

weiterführender Link: VCD-Diskussionspapier

Bild: Regelmäßigen Fernverkehr gibt es in der Lausitz heute nur in Doberlug-Kirchhain und Elsterwerda.