Es knirscht auf den Lausitzer Gleisen…

… freundlich ausgedrückt.

Es sollte der größte und schönste Fahrplanwechsel auf dem Gebiet des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg werden. Zahlreiche Verbesserungen wie Taktverdichtungen, neue und komfortablere Züge, ein höheres Platzangebot. Auf zahlreichen Strecken waren deutliche und vor allem dringend notwendige Verbesserungen angekündigt zum Fahrplanwechsel im Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg am 11. Dezember.

Jetzt, nur 2 1/2 Wochen später ist Ernüchterung eingekehrt. Auch in der Lausitz. Das Flaggschiff des Berlin-brandenburgischen Regionalverkehrs, der RE1 verkehrt nicht wie geplant 3 x pro Stunde zwischen Brandenburg an der Havel, Potsdam, Berlin und Frankfurt/Oder, sondern erstmal nur 2 x pro Stunde. Also wie vor dem Fahrplanwechsel. Auf der Berliner Stadtbahn führte das leicht höhere Zugangebot offensichtlich zu immensen Verspätungen, jeder verspätete Fernzug brachte die Stadtbahn weiter aus dem Takt. Und gerade sind nicht wenige Fernzüge unpünktlich. Eine Baustelle im Bereich des Ostbahnhofes brachte das Netz ausgerechnet zum Fahrplanwechsel zum Überlaufen. Zuwenig Gleise standen für das neue Fahrplanangebot zur Verfügung. Personalmangel in Folge der gerade allgegenwärtigen Grippewelle kam noch obendrauf und bremste den neuen Betreiber des RE1, die ODEG endgültig aus.

Wenn auf der Stadtbahn nichts mehr geht, trifft das nicht nur den RE1. Auch die Züge des RE2 nach Cottbus und des RE7 nach Senftenberg gerieten völlig aus dem Takt. Ausfälle und Verspätungen bis zum einer dreiviertel Stunde mussten die Fahrgäste auch hier ertragen. Hinzu kamen in der Lausitz Probleme beim Kuppel der Flügelzuglinien RE10 und RE11, welche seit dem Fahrplanwechsel – aus Frankfurt/Oder-Cottbus bzw. Hoyerswerda-Ruhland kommend – in Falkenberg/Elster zu einem Zug vereinigt werden sollten. Das funktionierte nicht immer oder mit einem spürbar höheren Zeitaufwand.

Begleitet wurde dieses Durcheinander oft vom Ausbleiben von Informationen der Fahrgäste. Unverständliche, falsche bzw. fehlende Ansagen in den Zügen, auf den Bahnsteigen und in den Auskunftsmedien führten nur zu höherer Verunsicherung der Fahrgäste. Das teilweise völlige Fehlen von Zugbegleitern – zum Beispiel bei Fahrten des RE10 zwischen Cottbus und Leipzig – ist dann nur noch das i-Tüpfelchen auf einen eher nicht gelungenen Fahrplanwechsel.

Alles nur Anlaufschwierigkeiten? Schließlich hatte es neben neuen Linien und Fahrplänen auch einige Betreiberwechsel in Berlin-Brandenburgs Regionalverkehr gegeben. Ein Krisentreffen zwischen Politik und Netz und Bahnbetreibern einen Tag vor Heiligabend sollte helfen, die Regionalzüge in Berlin und Brandenburg schnellstmöglich wieder aufs richtige Gleis zu bringen. Der Personalmangel wird noch bis Anfang 2023 andauern. Auf der Stadtbahn in Berlin soll ein eigener Koordinator den dichten Zugverkehr managen. Ein Techniker sollte das Flügeln und Vereinigen der RE10/RE11-Züge in Falkenberg/Elster überwachen.

Auch über die Weihnachtsfeiertage und den Tagen danach gab und gibt es weitere Einschränkungen. Bei DB Netz konnte über die Weihnachtsfeiertage ein Stellwerk im Bahnhof Falkenberg (Elster) nicht mehr durchgehend mit Personal besetzt werden. Jetzt ist es ein Stellwerk in Beilrode. In der Folge fahren die Züge bis zum 30. Dezember zwischen 18 und 6 Uhr nicht durch. Zwischen Falkenberg/Elster und Torgau besteht Busnotverkehr. Die Fahrgäste des RE11 müssen inzwischen grundsätzlich in Falkenberg/Elster umsteigen, um nach Leipzig zu gelangen, wegen andauernden Kupplungsproblemen bei den nagelneuen MIREO-Triebzügen. Der neue RE13, der seit dem 11. Dezember das Zugangebot zwischen Cottbus, Senftenberg und Ruhland und Elsterwerda verdichten sollte, fällt zwischen dem 27. und 30 Dezember gleich ganz aus. Reisende, denen der neue Fahrplan in Sedlitz Ost einen schnellen Umstieg von Großräschen nach Cottbus versprach, stranden jetzt in Sedlitz und dürfen hier bei ungemütlichen Temperaturen eine halbe Stunde länger warten. Auch der RE7 ist in Richtung Senftenberg nach wie vor immer wieder verspätet, die Verspätungen werden dann auf Folgezüge wie den RE18 Cottbus – Dresden übertragen. Am 27. Dezember fuhren die RE2- und RE7-Züge zeitweilig weiträumig um die Bahnhöfe im Berliner Zentrum herum. Auch hier der Grund: Personalmangel auf einem Stellwerk.

Zahlreiche Engpässe im Lausitzer Schienennetz machen den Eisenbahnern zusätzlich das Leben schwer, wenn erstmal ein Zug verspätet ist. Nicht nur die allseits bekannte Strecke Cottbus – Lübbenau stellt wegen des fehlenden zweiten Gleises einen Flaschenhals im Lausitzer Bahnverkehr dar, auch die Strecken zwischen Lübbenau und Großräschen, zwischen Ruhland und Priestewitz oder zwischen Cottbus und Görlitz sind nur 1-gleisig. Mehrgleisige Bahnhöfe wie Altdöbern, Großräschen oder Lampertswalde verfügen nur über einen Bahnsteig, zwischen Neupetershain und Senftenberg ist der Blockabstand zu groß. Auf zu vielen Streckenabschnitten ist die Geschwindigkeit immer noch auf nur 100 km/h beschränkt. Und und und. Insgesamt sind es zu viele lange bekannte strukturelle Netzmängel in der Lausitz, die Verspätungen begünstigen, potenzieren oder das Aufholen von Verspätungen verhindern.

Neben Maßnahmen, die zumindest eine Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit wie vor dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember wieder ermöglichen, bedarf es in der Lausitz auch endlich Investitionen in dein zukunftsfähiges Schienennetz. Die meisten Maßnahmen sind 2021 im Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen aufgeschrieben worden, an der Umsetzung wird allerdings noch nicht gearbeitet. Die Zeit drängt.

Bild: RE18 wartet in Sedlitz Ost auf den verspäteten RE7.