Wie gut ist der BER für Pendler aus Südbrandenburg erreichbar?

Seit 2 Tagen ist der neue Hauptstadtflughafen BER nun tatsächlich geöffnet. Am 31. Oktober 2020 war die offizielle Eröffnung. Bis zum 8. November ziehen nun die Fluggesellschaften von Tegel zum BER. Bedingt durch die Corona-Pandemie wird es in den nächsten Tagen und Wochen, vielleicht auch Monaten noch nicht zum großen Run von Flugreisenden auf den neuen Flughafen kommen.

Dennoch wollen wir hier die Anbindung Südbrandenburgs mit öffentlichen Verkehrsmitteln an den Hauptstadtflughafen unter die Lupe nehmen. Der BER ist letztendlich nicht nur für Flugreisende ein Ziel, auch für Pendler hat er eine große Bedeutung, die künftig weiter steigen wird.

Die Lage im Süden der Bundeshauptstadt Berlin spricht zumindest geografisch für gute Voraussetzung für optimale Verbindungen im öffentlichen Verkehr. Dagegen spricht die Lage außerhalb der radial auf Berlin zulaufenden Verkehrsachsen. Der BER ist über eine Neubaustrecke erreichbar, welche bei Blankenfelde vom Berliner Außenring abzweigt und östlich des Flughafen auf die Görlitzer Bahn geführt wird. Direktverbindungen sind auf beiden Seiten nach Berlin möglich, wenngleich noch mindestens ein halbes Jahrzehnt die Einbindung der Dresdner Bahn nach Berlin schmerzhaft fehlen wird. Auch Direktverbindungen nach Potsdam, Dresden und Cottbus sind gleistechnisch problemlos möglich.

Die neuen BER-Terminals 1-2 sind über den Bahnhof Flughafen BER Terminal 1-2 erreichbar, der an der Neubaustrecke liegt. Hier halten Fern- und Regionalzüge sowie S-Bahnen. Der alte Bahnhof Schönefeld heißt jetzt Flughafen BER Terminal 5 und ist nur noch S-Bahn-Station.

Aber wie schaut das Angebot aus südbrandenburger Sicht aus?

Grafik: VBB

Cottbus, Spree-Neiße, Spreewaldregion

Die „Lausitzmetropole“ Cottbus, zweitgrößte Stadt Brandenburgs, wird erstmal keine direkte Bahnverbindung zum BER erhalten. Wie bereits zum Flughafen Schönefeld gibt es eine Verbindung von Cottbus bis Königs Wusterhausen mit dem RE2 und dort nach kurzer Wartezeit weiter mit der RB22 bis zum Bahnhof Flughafen BER Terminal 1-2. Reisezeit rund 80 Minuten, erste Ankunft am BER morgens 5:14 Uhr, letzte Abfahrt abends 21:38 Uhr. Danach gibt es noch einige Spätverbindungen mit dem FEX bis Ostkreuz und weiter mit dem RE2 nach Cottbus mit einer Reisezeit von 85 Minuten. Für Pendler kann das im Einzelfall funktionieren, optimal ist es noch nicht. Das Flughafengelände ist groß, neben der innerstädtischen Anreise in Cottbus kommt auch noch die Wegezeit am BER hinzu. Das sind dann schnell mal 120 Minuten und mehr für den gesamten Hinweg bzw. Rückweg. Für Pendler aus Lübbenau und Lübben sind die Zeiten kürzer, aber auch noch nicht optimal. Bis Spremberg und Forst ist trotz guter Anschlüsse in Cottbus die Netto-Bahnfahrzeit zum BER mit 105 Minuten bereits zu lang für Pendlerrelationen.

Eine Direktverbindung zum BER ab Cottbus ist bereits in Planung. Im Landesnahverkehrsplan Brandenburg ist für das Zielkonzept 2025 ein neuer RE20 Berlin Hbf – Flughafen BER – Cottbus im 1-Stundentakt vorgesehen, mit der Einschränkung „Die RE20-Züge Berlin Hbf – Cottbus verkehren in Abhängigkeit des Streckenausbaus der Görlitzer Bahn…“. Zwei Nadelöhre hat die Görlitzer Bahn zwischen Berlin und Cottbus: der Bahnhof Königs Wusterhausen und der 1-gleisige Abschnitt zwischen Lübbenau und Cottbus. Für den Komplettumbau des Bahnhof Königs Wusterhausen werden aktuell Varianten untersucht, lediglich für die Beseitigung des Engpasses am Nordkopf soll 2022 das Planrecht vorliegen. Das 2. Gleis zwischen Lübbenau und Cottbus soll 2027 liegen und wird den Starttermin eines direkten RE vom BER nach Cottbus wohl auch bis 2027 verschieben.

Oberspreewald-Lausitz

Auf der Grafik des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg zur Nahverkehrs-Anbindung des BER (siehe oben) kommt der Landkreis Oberspreewald-Lausitz gar nicht erst vor. Hat Lübbenau mit knapp über 60 Minuten Reisezeit und einmaligem Umsteigen noch eine vergleichsweise annehmbare Verbindung, sieht das für die anderen Städte im OSL-Kreis anders aus:

  • Calau ca. 90 Minuten
  • Großräschen ca. 110 Minuten
  • Senftenberg: 120 Minuten
  • Ruhland: 110 – 135 Minuten
  • Ortrand: über 130 Minuten
  • Schwarzheide: ca. 150 Minuten (Bus+Bahn)

Lediglich Lauchhammer profitiert etwas von der Verbindung via Elsterwerda und dem dort haltenden IC17, der direkt zum BER fährt (Reisezeit Bahnhof-Bahnhof 105 Minuten).

Der OSL-Kreis verfügt nur über eine langsame RegionalBahn-Anbindung nach Berlin. Daran wird sich in nächster Zeit nichts ändern. Die Umstellung auf einen RegionalExpress ab Dezember 2022 ändert an der Anzahl der Halte und den Fahrzeiten zwischen Berlin und Senftenberg nichts. Auch die Verlängerung des ab 13. Dezember 2020 wieder nach Finsterwalde führenden RE5 bis Großräschen und Senftenberg ist aktuell nicht geplant. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf.

Elbe-Elster

Zumindest ein nicht unerheblicher Teil des Elbe-Elster-Landes ist vom ersten Tag an schnell an der BER angebunden. Der IC17 Dresden – Berlin – Rostock (siehe großes Bild) verbindet alle 2-Stunden Elsterwerda und Doberlug-Kirchhain mit dem Bahnhof Flughafen BER Terminal 1-2, und das zum VBB-Tarif. Reisezeit von Doberlug-Kirchhain 48 Minuten, von Elsterwerda 61 Minuten) Aus Richtung Finsterwalde sind es mit Umstieg in Doberlug-Kirchhain rund 80 Minuten. Gut für Fahrgäste zum Flug, für Pendler nicht in jedem Fall tauglich, da der erste IC den BER erst kurz vor sieben Uhr erreicht. Ab Falkenberg/Elster und Herzberg (Elster) sind es dann wieder Fahrzeiten von rund zwei Stunden, die eine Pendlerrelation zum BER nicht mehr attraktiv machen. Die Falkenberger und Herzberger müssen erstmal bis Berlin reisen, um dort am Hauptbahnhof zum BER umzusteigen. Der RE3 fährt auch nur alle 2 Stunden bis Herzberg (Elster) und Falkenberg/Elster.

Fazit

Insgesamt muss man das Fazit ziehen, dass Südbrandenburg zum Start des neuen Hauptstadtflughafens über keine für Berufspendler tauglichen Nahverkehrsverbindungen zum BER verfügt. DB Regio wirbt für den neuen Berliner Flughafenexpress mit dem Slogan „Fast. Faster. Airport Express“. Für viele Südbrandenburger heißt es hingegen noch auf Jahre „Slow. Slower. Bummelzug.“ Wenn auch Südbrandenburg von den Arbeitsplätzen am BER profitieren soll, bedarf es noch deutlicher Anstrengungen zur Verbesserung der Anbindung im schienengebundenen Nahverkehr.

Wichtig sind in den nächsten 5 Jahren mindestens:

  • die frühere Fertigstellung des 2. Gleises zwischen Lübbenau und Cottbus spätestens Ende 2025 und die pünktliche Inbetriebnahme des RE20 Berlin – BER – Cottbus
  • die Umsetzung einer stündlichen RE-Verbindung Berlin – Jüterbog – Falkenberg/Elster mit Einbindung in einen Taktknoten Falkenberg/Elster
  • die Verlängerung des RE … Berlin-Finsterwalde bis Senftenberg mit kurzem Anschluss zum BER (z.B. in Wünsdorf zum RE7 oder zur RB14)
  • die Anhebung der Streckengeschwindigkeiten zwischen Lübbenau bzw. Finsterwalde und Senftenberg von heute 100 km/h auf wenigstens 120 km/h
  • die Schaffung einer früheren Verbindung aus Elsterwerda und Doberlug-Kirchhain zum BER